Google Fonts und die Abmahnwelle: Worum es geht und was Sie tun können

Seit dem Urteil des LG München I Anfang des Jahres ist klar: die Remote Einbindung von Google Fonts ist rechtswidrig. Die Folge: Abmahnungen durch Privatpersonen und Abmahnkanzleien haben deutlich zugenommen und die Verunsicherung bei Website-Betreibern und Webagenturen wächst. Die wichtigsten Fragen rund ums Thema „Google Fonts und die Abmahnwelle“ beantworten wir Ihnen in diesem Kurzratgeber.

Außerdem stellen wir für Abgemahnte ein Musterschreiben kostenfrei zum Download am Ende des Beitrags zur Verfügung, das Sie als Reaktion auf eine erhaltene Abmahnung verwenden können.

Wann ist die Verwendung von Google Fonts rechtwidrig?

Google Fonts ist ein Verzeichnis mit über 1.400 von Google bereitgestellten Schriftarten (engl.: fonts), die Sie auf Ihrer Website verwenden können. Wenn Sie die Google Schriftarten nicht lokal auf Ihren Server speichern, bevor Sie sie auf Ihrer Webseite verwenden, wird die Schriftart bei jedem Aufrufen vom Google Server geladen. Dabei werden automatisch personenbezogene Daten des Webseitenbesuchers an Google übermittelt. Das verletzt zum einen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Webseitenbesuchers. Zum anderen kann der Webseitenbesucher nicht in die Weitergabe der Daten an Google zustimmen, sodass auch ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt. Dann ist die Verwendung von Google Fonts rechtswidrig und Sie laufen Gefahr abgemahnt zu werden.

Sind Sie sich unsicher ob und wie Google Fonts auf Ihrer Webseite eingebunden sind? Dann lassen Sie Ihre Webseite in unserem Google Fonts Scanner überprüfen. Erkennt der Scanner ein Problem, bekommen Sie direkt eine entsprechende Handlungsanweisung mit auf den Weg. Auf diese Weise beugen Sie einer Abmahnung vor und reduzieren das Risiko auf ein Minimum.

Wie binde ich Google Fonts korrekt ein?

Damit Sie Google Fonts rechtssicher auf Ihrer Webseite verwenden, müssen Sie die Schriftart(en) lokal einbinden. Das geht in 4 Schritten:

Schritt 1:
Überprüfen Sie Ihre Website auf Google Fonts, indem Sie die Entwicklerkonsole in Ihrem Browser aufrufen, die Google Fonts in der style.css (Datei, in der sie die Styles Ihres Projekts festgelegt haben) ausfindig machen und die entsprechende Code-Zeile im nächsten Schritt durch den lokalen CSS-Code für die Google Fonts ersetzen.

Schritt 2:
Rufen Sie den Google Webfonts Helper auf, wählen Sie die gewünschte Schriftart aus, kopieren Sie den jeweiligen CSS-Code und downloaden Sie die Dateien.

Schritt 3:
Entpacken Sie die ZIP-Dateien Ihrer Google Fonts, laden Sie diese lokal auf Ihren Server hoch und passen Sie die syle.css an (Datei für Ihr Template bzw. Projekt).

Schritt 4:
Überprüfen Sie mit Hilfe der Entwicklerkonsole (Schritt 1) die lokale Einbindung Ihrer Google Fonts.

Wer mahnt ab und woher kommt die Abmahnwelle?

Es gibt zwei Gruppen von „Abmahner“ Privatpersonen, die meist per Mail abmahnen. Und Rechtsanwaltskanzleien, die durch Abmahnanwälte im Namen von Mandanten abmahnen. Die Abmahnungen durch Privatpersonen haben unserer Erfahrung nach seit Sommer 2022 spürbar nachgelassen. Seit Herbst 2022 sprechen dafür vor allem zwei Anwaltskanzleien zahlreiche Abmahnungen aus. Das sind die Kanzlei RAAG (für den Mandanten Wang YU) und die Kanzlei Kilian Lenard (für den Mandanten Herr Martin Ismail IG Datenschutz).

Es gibt Gegenwehr – Beschluss gegen Abmahner Martin Ismail

Am 11.10.2022 erließ das LG Baden-Baden eine einstweilige Verfügung gegen den Abmahner Martin Ismail. Der Beschluss untersagt dem Abmahnenden Herrn Ismail “einen Partnerbetrieb des Franchise-Systems der Antragstellerin mit Forderungen im Zusammenhang mit der Einbindung von “Google Fonts” zu kontaktieren”. Dies bedeutet de facto ein vorläufiges Verbot, die Partnerbetriebe der Antragstellerin wegen der Einbindung von Google Fonts abzumahnen. Verstößt Herr Ismail gegen das Verbot, droht ihm ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € oder sogar Ordnungshaft. Momentan ist der Beschluss aber noch nicht rechtskräftig, das bedeutet der Streit geht weiter. Details sind aus dem Verfahren noch nicht bekannt. Fakt ist aber: Die Abmahner bekommen auch von den Gerichten Gegenwind. Mit dem Beschluss des LG Baden-Baden liegt die erste Entscheidung gegen die Abmahner vor.

Was bedeutet die Entscheidung des LG Baden-Baden jetzt für die Abmahnwelle? Ist diese erstmal gestoppt?
Nein. Die Abmahner könnten neue Abmahnungen aussprechen. Man sollte sich also nicht zurücklehnen und die Thematik weiter ernst nehmen.

Achtung

Die Entscheidung vom Landgericht Baden-Baden ist eine Einzelfallentscheidung. Sie gilt also nur zwischen Herrn Ismail und der klagenden Firma. Sie hat aber keine Allgemeingültigkeit für jede anders abgemahnte Person. Eine bestehende Abmahnung von Martin Ismail ist damit nicht automatisch hinfällig. Und der Beschluss gilt also – selbst wenn er rechtskräftig werden würde – nicht automatisch für jede andere von ihm abgemahnte Person.

Ich habe eine Abmahnung erhalten – was nun?

Unabhängig davon wer sie abmahnt, haben Sie verschiedene Handlungsmöglichkeiten, darauf zu reagieren. Dadurch, dass die rechtliche Lage unübersichtlich und nicht einheitlich ist, hoffen Abmahner darauf, dass Sie keine Lust auf Scherereien haben und den recht “kleinen” Betrag einfach überweisen. Erhalten Sie also eine dieser Abmahnungen gilt zunächst: Ruhe bewahren. Denn: Das Risiko, dass sofort etwas schlimmes passiert, wenn Sie nicht direkt bezahlen, ist gering.

Ihre 5 Wege, mit der Abmahnung umzugehen:

  • Weg 1: Zahlen –der einfachste, sicherste und schnellste Weg, aber mit einem schlechten Gefühl und Kosten verbunden.
  • Weg 2: Anwalt einschalten –Sie haften nicht mehr und ein Experte kümmert sich um alles –Sie zahlen aber weiteres Geld.
  • Weg 3: Nichts tun und die Entwicklungen verfolgen –so lange, bis es mehr Gerichtsurteile gibt, dann können Sie besser reagieren –ein Restrisiko bleibt aber.
  • Weg 4: Selbst Verhandlungen aufnehmen –per Musterschreiben Einwände erheben und Ansprüche zurückweisen –Sie tragen das rechtliche Risiko.
  • Weg 5: Negative Feststellungsklage erheben –der Abmahner muss dann vor Gericht nachweisen, dass der Anspruch auf die Abmahnung bestand –Hier brauchen Sie einen spezialisierten Rechtsbeistand.

Für welche Handlungsmöglichkeit Sie sich entscheiden und welche in Ihrer Situation die sinnvollste ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wenn Sie sich ausführlicher zu diesem Thema informieren wollen und mehr Hintergrundwissen benötigen, lesen Sie in unserem umfangreichen weiter.